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Anselm "Don" Voigt (13. Januar 1959 - 4. November 2019)

Anselm „Don“ Voigt – oder auch Anselmo DiCaprio als Paradiso – hat uns für immer verlassen. Plötzlich und völlig unerwartet. Ich versuche es immer noch zu begreifen. Es gelingt mir nicht.

Wir haben uns vor vierzehn Tagen am Dienstag beim Stammtisch gesehen. Er hat meine neue Mandoline begutachtet (sie ist „durchgekommen“) und wir haben zusammen mit Guido Müller für den Jahresanfang schon mal einen Termin für Anselms neues Projekt, das Solid Swing Quintett mit Guido, Erich Sellheim, Jörg Albrecht und Christian Schweder gemacht – feat. Anselm, nun am Sax. Und am Samstag drauf war er auch beim ersten Session-Konzert mit den Songlinern im „Ihretwegen“. Wir haben ein paarmal geschnackt und zum Schluss des Konzerts der Songliner kommentierte er ihre Zugabe mit den Worten: „Das ist ja nun wirklich mal eine interessante Version“ - und ging zuhören. Wer ihn kennt, weiß: Das war jetzt ein echt großes Lob. Sie spielten „The Times they are a changin'“.

Erstmals getroffen habe ich ihn am Tag der ersten Session, im März 2008. Mit meinen Freunden von „Chicken Rag“ aus dem Münsterland, die der Bremer Session Starthilfe gegeben haben, waren wir vor der Session in der „Musikbörse“. Dort, wo sich es immer lohnte, nach interessanten, alten Instrumenten zu stöbern. Und mit Anselm über Leben und Musik unter besonderer Berücksichtigung des unverfälschten Bluegrass‘ zu philosophieren. Seitdem kannten wir uns, zunächst nur flüchtig.

Das änderte sich, als Anselm den alten Standort der Musikbörse an der Daniel-von-Büren-Straße aufgab und an die Münchener Straße in das kleine Ladengeschäft zog, dass er dann betrieben hat. Seitdem war er über Jahre kontinuierlich bei den Stammtischtreffen und Roudtable-Sessions dienstags dabei, ebenso wie bei den Samstagssessions. Zusammen mit Backyard Devil André Heuer und Melanie Neuhoefer – als Mel O’Dee & Don Voigt - sorgte er dafür, dass überhaupt regelmäßig Bluegrass auf der Session zu hören war. Darunter war auch ein Auftritt mit Gitte „Remco“ Reents, der schon ziemlich independent war. Und schließlich startete er zusammen mit Dirk Wilke im Duo als Paradiso durch – mit deutschen Schlagern im Hawaiihemd. Und erntete damit – anders als beim Bluegrass – große Erfolge beim Publikum. Erfolge, die er sich jahrelang eigentlich dort gewünscht hatte.

Auf der Session hatte er meist die Mandoline oder die Gitarre, aber auch mal die Geige in der Hand. In diesem Jahr kam er erstmals mit einem Kontrabass auf die Bühne - im Hafenrummel, um mit André und dem "Spacegrass"-Duo Steffen Thede und Simon Rick zusammen „endlich mal wieder eine ordentlich Session vom Zaun zu brechen“. Auch Simon ist nicht mehr unter uns.

Trotz seinem entschiedenen Eintreten für den "richtigen" Bluegrass in korrekter Form hatte er immer offene Ohren für andere musikalische Richtungen, Stile und Experimente. Es ging ihm um Qualität, Authentizität und Leidenschaft in der Musik. Wer selbst zum Instrument griff, der war schon mal auf dem besten Weg dorthin. Und fand in ihm einen zuverlässigen Wegbegleiter. „Ich habe selten so einen netten, ausgeglichenen und freundlichen Menschen kennengelernt“, beschrieb ihn ein guter Freund aus dem engeren Kreis der Stammtischrunde. Das trifft es auf den Punkt.

 

Er war gerade ganz nahe. Dann rief mich am Montag Dirk an.

 

Ich fange an, zu begreifen. Und werde endlich unendlich traurig.

No more Moutain Music with you, old pal. I hope, you keep on rollin’. Wherever you are.

 

Ever yours,

Norbert

P.S.: Wer mag, ist gerne eingeladen, hier in den Kommentaren auch seinen letzten Gruß für Anselm beizusteuern. Am Dienstag, 26. November ab 20 Uhr, steht der kommende Stammtisch im Ihretwegen an. Es soll ein Treffen für ihn werden. Es wäre schön, wenn wir uns dort sehen. Und am Donnerstag drauf, am 28. November, findet in der Pusta Stube im Blockland ab 18 Uhr eine Trauerfeier für ihn statt – auch sie „ohne Trauerkleidung und Blumen – aber mit Instrumenten.

Kommentare: 20
  • #20

    günther(hucky) & francisca m. mendes hagedorn (Freitag, 13 Dezember 2019)

    wir können es nicht glauben,denn nach meiner großen reise (brazil)bemerkten wir ,daß es in der musik börse immer dunkel war . aber heute am 13.12.19 sah ich ,als man die leuchtreklame demontierte,warum ? fragte ich ,bekam dann die erschütternde nachricht : anselm ist gegangen
    für immer .ich brauche hier nicht erklären welch einer musikalischen couleur und herzlicher mensch er war . wir vermissen dich ,die augen füllen sich mit wasser. die gefühle siegen und das ist gut so.
    wir kannten ihn bereits sehr lange sporadisch,die musik hatte uns zusammen geführt.wir sind 72 und 73 jahre alt.und sind allgemein nicht bekannt,so soll es bleiben.
    oktay werden wir benachrichtigen.
    mfg G&Fr. ut n findorff

  • #19

    Randolf und Tina Krug ( Spreewald ) (Sonntag, 17 November 2019 15:28)

    Unfassbar traurig...
    Mit Bestürzung haben wir diese traurige Nachricht zur Kenntniss genommen und wollen es irgendwie garnicht glauben.
    Alles was ich an Instrumenten besitze, habe ich von Anselm. Er war "meine" Spreewald-Bremen Connection und sollte es auch bleiben. Ruhig, freundlich, symphatisch,aufmerksam .... und ehrlich.
    In stillem Gedenke
    Tina und Randolf

  • #18

    Martina (Mittwoch, 13 November 2019 18:50)

    Anselm war nicht nur ein großartiger Musiker; er hat mich auch zum Lindy Hop gebracht. Ich verdanke ihm so viel. Unsere Gespräche über Musik, Tanzen, Schuhe und den Rest des Lebens werden mir sehr fehlen. Sein Tod macht mich fassungslos - diese Lücke ist einfach zu groß.

  • #17

    Jürgen (Mittwoch, 13 November 2019 09:56)

    Lieber Anselm,
    danke für deinen Hinweis, dass ich eine Frisur brauchen könnte - hat ab dann auch geklappt...

    Es war immer schön mit dir eine Runde zu quatschen, ein paar Akkorde zu teilen und das (Musik-)Leben zu beleuchten.
    So bleibst du in Erinnerung.
    Jürgen

  • #16

    Olaf Vocks (Mittwoch, 13 November 2019 08:21)

    Mein lieber Anselm, viel zu selten sind wir uns über den musikalischen Weg gelaufen. Immer dann, wenn ihr auf eigentlich völlig absurden Veranstaltungen das Haus gerockt habt.
    Anschließend konnte ich meistens mit Dir noch über "Gott und die Musik" sprechen, denn Musik war Deine Welt. Ich hoffe, dass die da oben im Himmel wissen, was für ein feiner Kerl gerade anklopft. Da es kein normales Klopfen sondern eher ein rhythmisches Trommeln und Rasseln ekstatischem Auswuchses sein wird, werden sie es früh genug wissen.
    Anselm sei gedrückt, für immer.

  • #15

    Willie Burger (Dienstag, 12 November 2019 20:03)

    Anselm war nicht nur ein wunderbarer und vielsaitiger Musiker, sondern auch "ein Junge aus meinem Stadtteil". Wir haben beide unsere Jugend in Steinenbrück in Gummersbach erlebt, ich allerdings sieben Jahre früher als er. Das haben wir zufällig vor einiger Zeit bei einer Session zu unserem großen Erstaunen festgestellt. Seit dem hatten wir die witzige Idee, irgendwann mal zusammen in unserer Heimatstadt zu musizieren und zwar als die so genannten "Stone Bridge Boys" (Arbeitstitel). Leider ist es nun nicht dazu gekommen, was ich zutiefst bedauere und was mich sehr traurig macht und - mir auch mal wieder vor Augen geführt hat, dass man gute Ideen nicht zu lange aufschieben sollte. Denn irgendwann und manchmal ganz plötzlich kann es dafür zu spät sein. Meine Begegnungen mit Anselm "Don" Voigt waren immer getragen von Herzlichkeit, Respekt und Interesse an dem, was der jeweils andere "Junge aus Steinenbrück" gerade macht - nicht nur musikalisch. Möge er voller Freude über das blaue Gras der ewigen Jagdgründe reiten und seine Musik dort spielen, wo es Bier umsonst gibt und wo Fässer voller Rum unter jedem Baum wachsen - so wie es im Chorus der irischen Ballade "Fiddler's Green" besungen wird.

  • #14

    Chip (Dienstag, 12 November 2019 12:35)

    My deepest Sympathie to the Family. Now he is playing in the Biggest Band ever. God Bless ya and till the day where we can play again.

  • #13

    Matthias Urbschat (Dienstag, 12 November 2019 05:19)

    Ich meine dieses Lied würde jetzt auch Amsel gefallen.

    Alles gute und höre bei uns bitte auch weiterhin gut zu.

    Ein lieber Gast den man nicht vergisst und der bleibt

    Danke für Das was Du in Findorff erreicht hast.

    VORSCHAU
    4:51
    "Deportee (Plane Wreck at Los Gatos)" Joan Baez - 2017 Rock & Roll Hall of ...
    YouTube · Rock & Roll Hall of Fame
    10.05.2017

  • #12

    Martin Breyel (Montag, 11 November 2019 23:11)

    Ich bin unendlich traurig.Mir fehlen dieWorte.

    R.I P.

  • #11

    Thorsten (Montag, 11 November 2019 23:04)

    Mensch Anselm, watt machste denn…?
    Ein lieber und kritischer Mensch - und mit Sicherheit der beste „Saitenlieferant“ und Friseur of the world, immer für einen Plausch zu haben - ist voraus gegangen…
    Ich werde dich vermissen!
    Keep on rollin‘!!
    Thorsten

  • #10

    Frank von Tammie (Montag, 11 November 2019 22:42)

    Ich konnte es nicht glauben als Katharina es mir erzählte.
    Ein so netter, aufgeschlossener, fantastischer Musiker ist einfach nicht mehr.
    Ich wollte ihn immer bei den Paradisos erleben, ich hatte ja noch Zeit, dachte ich ...
    Er war bei uns in der Pusta Stube, mit fairer Kritik und offenen Ohren.
    Klarinette reparieren, kein Problem, Gitarren Saiten kaufen; ach was, ich zieh sie dir eben auf.
    "Dein Bund ist nicht sauber, ich mach das eben ..."
    und was machte dieser komische Stuhl da in seinem Laden ...?
    Er war ein Original, immer freundlich, ich war immer wieder beeindruckt, was er alles spielen konnte.
    Viel zu früh, viel zu früh.

  • #9

    Henning Sauer (Montag, 11 November 2019 21:11)

    Ich bin fassungslos. Habe in seinem Ladengeschäft die eine oder andere Gitarre und Zubehör bei ihm gekauft. Er hat immer gut beraten und man hatte das Gefühl ernst genommen zu werden. Leider musste er sicher auch unter dem Geiz ist Geil und dem großen T leiden. In bremen war sein Geschäft von der Qualität der Beratung ohne Konkurrenz. Und es waren schöne Sessions und Treffen, auch wenn man kein Blue Grass Fan war. Einfach ein lieber Mensch. Traurig. Kannte ihn persönlich kaum. Aber Viel ist es tröstlich für die Angehörigen, dass ihr Vater und Freund einen stets positiven Eindruck hinterlassen hat. Henning

  • #8

    OldPicker (Montag, 11 November 2019 21:11)

    Don kam für mich in einem Atemzug mit Bluegrass. Farewell und Gute Reise, Don. Und wenn du fragst "Who will sing for me", wie es Doc, Earl und Ricky sangen - I will...

  • #7

    Eberhard Gutjahr (Montag, 11 November 2019 20:28)

    Lieber Anselm, nach ein paar jazzigen Versuch bei Dir mit Trompete im Laden "Sweet Georgia Brown" und "St. Louis Blues" u. ä. hast Du dann doch die Kanne favorisiert und bekamst dabei strahlende Augen.... - Die Ansätze waren wirklich gut! Tschüß

  • #6

    Duo Schöön Christiane und Wolfgang (Montag, 11 November 2019 20:17)

    ... Wir können es nicht fassen, nicht verstehen... ein so toller Mensch - so besonders - so einzigartig. ... es fehlen Worte .... Unser tiefstes Mitgefühl gilt seiner Familie.
    Christiane und Wolfgang Feld
    Duo Schöön

  • #5

    Katja (Montag, 11 November 2019 19:57)

    Ich kannte Anselm nicht. Ich bin dann und wann in der Orange gewesen und habe ihn dann und wann auf der Bühne gesehen. Trotzdem berührt mich sein Tod ... weil er immer so viel Fröhlichkeit und Lebensfreude ausstrahlte.

    Es tut mir leid. Ich wünsche allen, die ihn gut und besser kannten alle Kraft dieser Erde und des Himmels um Abschied nehmen zu können!
    Katja

  • #4

    Werner (Montag, 11 November 2019 19:47)

    Auch ich kann es immer noch nicht fassen!
    Ich habe Anselm in seinem Laden als einen sehr freundlichen und hilfsbereiten Mann erlebt, dem es nicht in erster Linie ums Verkaufen ging. Als Musiker hatte er immer ein offenes Ohr für Fragen, hatte Tipps und Ratschläge für mich und andere Musiker. So manches Kabel hat er für mich gelötet, einige Gitarren für mich verkauft. Eine Höfner-Gitarre habe ich vor ein paar Jahren bei ihm erstanden, sie hat jetzt einen ganz besonderen Wert für mich.
    Die Musikbörse war ein ganz besonderer Ort, wo man auch einfach mal zum Schnacken vorbeikommen konnte.
    Habe mir am Samstag noch mal ein paar Lieder mit den Paradisos angeschaut und angehört. Live: Never again!

    Wie viele andere werde ich dich vermissen. Rest in peace!
    Werner

  • #3

    Andreas Schön (Montag, 11 November 2019 19:44)

    Ich erinnere mich noch an ein Konzert von Jürgen Schöffel und Eberhard Gutjahr im Diverso.
    Meine Frau und ich saßen beim Essen, Anselm betrat den Laden und setzte sich zu uns.
    Es war ein wunderbarer Abend, super Essen, geniale Musik und tolle Gespräche mit Anselm.
    Aber am liebsten denke ich an die Geburtstagsfeier meines Schwiegervaters zurück, an dem die Paradisos für den musikalischen Rahmen gesorgt und laut Dirk "die besten Rouladen seit langem" gegessen haben.
    Anselm, du fehlst.
    Ich kann es nicht anders ausdrücken.
    Viel Erfolg beim "Great Gig in the Sky"
    Andreas und Steffi

  • #2

    Sabine (Montag, 11 November 2019 19:37)

    Es tut mir so leid. Insbesondere für seine Familie aber auch für alle Freunde und musikalischen Wegbegleiter. Auf dass er da wo auch immer er jetzt sein mag, die Bude rockt!

  • #1

    Angelika (Montag, 11 November 2019 19:25)

    Ich kannte ihn zwar nicht persönlich, aber habe damals die "Orange" geliebt, zu der er dann sicher auch gehörte. Möge er seinen Frieden finden.